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Wem „gehören“ Forschungsdaten?

Einleitung

Die Erhebung oder Erzeugung von Forschungsdaten ist meist mit großem finanziellem, personellem und zeitlichem Aufwand verbunden. Doch wem „gehören“ diese Forschungsdaten eigentlich? Diese Frage muss präzisiert werden zu „Wer hat welche Rechte an Forschungsdaten?“, denn ein Eigentum an digitalen Forschungsdaten existiert nicht.

Der Eigentumsbegriff des deutschen Rechts ist auf körperliche Gegenstände begrenzt (Kuschel 2018). Körperliche Forschungsdaten sind z.B. ein gefundenes Fossil oder Bodenproben. Die allermeisten Forschungsdaten liegen jedoch in digitaler Form vor und werfen deutlich komplexere rechtliche Fragestellungen auf. Deshalb werden in diesem Artikel die für digitale Daten relevanten Rechtspositionen dargestellt.

Neben rechtlichen Vorgaben sind für Forschende darüber hinaus auch forschungsethische Prinzipien wie z. B. der DFG Kodex der guten wissenschaftlichen Praxis oder die CARE-Prinzipien relevant.

Wenn es in der Forschungspraxis z. B. um Fragen wie „Darf ich die Daten überhaupt veröffentlichen?“ oder um das Mitnehmen von Daten beim Wechsel in eine andere Institution geht (Kap. 4 in Wünsche et al., 2022), werden rechtliche Klärungen oft komplex und für Laien schwierig. In der Regel muss im Einzelfall geprüft werden und oft greifen auch verschiedene rechtliche Positionen ineinander. Beurteilungen müssen daher im Sinne einer abwägenden Gesamtschau der unten beschriebenen Regelungen getroffen werden.

Aber nicht nur die Beziehungen zwischen Wissenschaftler*innen untereinander und zwischen ihnen und ihren Arbeitgebern sind wichtig zu beachten, sondern auch die Rechte bzw. Ansprüche der beforschten Menschen oder Gruppen. Deswegen weisen wir hier auch kurz auf den Datenschutz und die CARE-Prinzipien hin.

Dieser Text dient dazu, verschiedene (Rechts)Positionen zu skizzieren und damit zu deren grundsätzlichen Verständnis beizutragen. Dieses Verständnis ist z. B. wichtig dafür, um auf informierter Grundlage dokumentierte Vereinbarungen über die Nutzungsrechte an Forschungsdaten zu erstellen.

Dokumentierte Vereinbarungen über die Nutzungsrechte

Um bestimmte Konflikte um Daten möglichst erst gar nicht entstehen zu lassen wird empfohlen, sich frühzeitig Gedanken über Verantwortlichkeiten und Erwartungen auszutauschen und Vereinbarungen über Nutzungsrechte schriftlich zu dokumentieren. In den meisten deutschen Wissenschaftsinstitutionen ist das sogar verpflichtend zur Einhaltung der guten wissenschaftlichen Praxis vorgeschrieben, denn die Vorgaben des Kodex der DFG (Deutsche Forschungsgemeinschaft 2022) werden von fast allen Einrichtungen in Deutschland rechtsverbindlich umgesetzt (s. dazu aber auch Kap. 3). In der „Leitlinie 10: Rechtliche und ethische Rahmenbedingungen, Nutzungsrechte“ des Kodex heißt es:

„Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler treffen, sofern möglich und zumutbar, zu einem frühestmöglichen Zeitpunkt im Forschungsvorhaben dokumentierte Vereinbarungen über die Nutzungsrechte [auch an Forschungsdaten]. Dokumentierte Vereinbarungen bieten sich insbesondere an, wenn an einem Forschungsvorhaben mehrere akademische und/oder nicht akademische Einrichtungen beteiligt sind oder wenn absehbar ist, dass eine Wissenschaftlerin oder ein Wissenschaftler die Forschungseinrichtung wechseln wird und die von ihr / von ihm generierten Daten weiterhin für (eigene) Forschungszwecke verwenden möchte.“

Vereinbarungen über die Nutzungsrechte von Daten sollten im Sinne von Interessenausgleich und von Fairness gegenüber allen Beteiligten geschlossen werden.

Urheberrechtlicher Schutz

Anders als bei beispielsweise Büchern oder Journalartikeln, bei denen grundsätzlich das Urheberrecht greift, sind Forschungsdaten nur in manchen Fällen urheberrechtlich geschützt. Diese Unterscheidung ist relevant, weil nur bei Daten, die urheberrechtlich geschützt sind, den Inhaber und Inhaberinnen der Urheberrechte das Recht auf Veröffentlichung und Namensnennung vorbehalten ist. Zu beachten ist allerdings, dass z. B. das Veröffentlichungsrecht durch andere Rechtspositionen eingeschränkt sein kann, siehe Arbeits- bzw. Dienstverhältnisse, oder dass die Pflicht zur Namensnennung durch die gute wissenschaftliche Praxis auch bei gemeinfreien Daten gilt. Nur im Falle von urheberrechtlich geschützten Daten können Inhaber*innen der Urheberrechte die Erlaubnis zur Nutzung durch Dritte erteilen, z. B. mit einer offenen Lizenz. Die Vergabe einer offenen Lizenz für urheberrechtsfreie (= gemeinfreie) Daten ist rechtlich wirkungslos.

Die Unterscheidung, ob Urheberrechtschutz gilt oder nicht, ist in vielen Fällen einfach. Hinweise dazu geben die nächsten beiden Abschnitte.

Urheberrechtlich geschützte Forschungsdaten

Die Anforderungen an Forschungsdaten, einen Urheberrechtsschutz zu erlangen, sind gering. In der Regel genügt es, dass eine geistige Leistung der datenproduzierenden Person erbracht wurde, die sich in einer konkreten Schöpfung manifestiert, die ein Mindestmaß an Eigenleistung erkennen lässt. Sprachwerke, Bildwerke (auch Lichtbildwerke), Filmwerke, Computerprogramme, Zeichnungen, Pläne, Karten und Skizzen sind in der Regel urheberrechtlich geschützt. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass diese Werke persönliche geistige Schöpfungen sind – man spricht in diesem Zusammenhang auch davon, dass eine gewisse „Schöpfungshöhe“ erreicht werden muss.

Bilder und Filmaufnahmen, die keine Schöpfungshöhe erreichen, können unter das Leistungsschutzrecht fallen, das ähnliche Wirkungen wie das Urheberrecht, aber andere Voraussetzungen hat. So wäre es beispielsweise denkbar, dass Aufnahmen einer Wildtierkamera Leistungsschutzrecht genießen, auch wenn keines dieser Bilder irgendeine geistige Leistung eines Fotografierenden enthält, weil es ja diese Person nicht einmal gab. Bei qualitativen Forschungsdaten, wie z. B. Daten aus einer teilnehmenden Beobachtung in der Ethnologie oder einem Interview, wird die notwendige Schöpfungshöhe in der Regel erreicht, so dass auch diese durch das Urheberrecht geschützt sind.

Es gibt auch Gestaltungen, Texte (z. B. technische Anleitungen), Tonfolgen oder Computerprogramme, die keinen Urheberrechtsschutz genießen, diese sind aber die Ausnahme. Ebenso besitzen Messdaten in der Regel keinen Urheberrechtsschutz (siehe nächster Abschnitt). Zweifelsfälle bedürfen der Einzelprüfung; bei Unklarheit ist es sicherer, von einem bestehenden Schutz auszugehen. Nicht relevant für die Beurteilung sind jedenfalls personelle und/oder finanzielle Ressourcen, die für die Datenerhebung eingesetzt werden.

Nicht urheberrechtlich geschützte Forschungsdaten

Daten an sich sind frei von jeglichen Rechten. Daten aus Experimenten oder Versuchen sind nicht urheberrechtlich geschützt, ebenso wenig wie Messwerte von Elementkonzentrationen in Gesteinen oder Fernerkundungsdaten von Satelliten. Der Kostenaufwand, den die Datenerzeugung unter Umständen erfordert hat oder der Nutzungszweck der Daten spielen dabei keine Rolle. Daraus folgt, dass auch Messdaten aus einem sehr aufwändigen und teuren Spezialgerät, deren Erhebung eine große Investition vorausgesetzt hat, keinen urheberrechtlichen Schutz genießen. Auch Daten, die nach Gesichtspunkten weiterverarbeitet wurden, die auf fachwissenschaftlichen Gepflogenheiten beruhen, werden nicht als persönliche geistige Schöpfungen angesehen. Als Beispiel kann hier die Darstellung von Messungen stabiler Isotope dienen: diese Messungen werden üblicherweise als δ-Werte angegeben, deren Berechnung nach fachwissenschaftlichen Gepflogenheiten erfolgt.

Tabellen/Datenbanken

Tabellen, in denen Daten in bestimmten Ordnungen vorhanden sind, gehören laut Definition des Urheberrechtsgesetzes zu Datenbanken. Sie genießen häufig urheberrechtlichen Schutz, weil die kreative Leistung, die Daten in einer Tabelle in einer bestimmten Art zu ordnen, geschützt wird. Ausnahmen sind Tabellen, in denen diese kreative Leistung nicht erkennbar ist (wenn z. B. Daten nur nach alphabetischen oder chronologischen Gesichtspunkten, auf Vollständigkeit abzielend oder nach sonstigen einfachen Gesichtspunkten, die auf fachwissenschaftlichen Gepflogenheiten beruhen, geordnet sind).

Darüber hinaus gibt es einen besonderen Schutz des Datenbankherstellers, wenn die „Beschaffung, Überprüfung oder Darstellung“ der gesammelten Daten eine „nach Art oder Umfang wesentliche Investition erfordert“.

Beispiel: eine Tabelle, die chronologisch geordnet stündliche Messwerte der Temperatur für einen Monat enthält, ist nicht urheberechtlich geschützt. Wären aufgrund einer bestimmten Forschungsfrage nur einige ausgewählte Messwerte dieser Messreihe in einer Tabelle dargestellt, könnte diese individuelle Auswahlentscheidung jedoch möglicherweise urheberrechtlichen Schutz an dieser Tabelle erzeugen. Darüber hinaus gilt: das Schutzrecht des Datenbankherstellers (siehe oben) verbietet eine Vervielfältigung oder Verbreitung von wesentlichen Teilen der Datenbank.

Wichtig zu unterscheiden sind der Urheberrechtsschutz der Tabelle an sich und der mögliche Urheberrechtsschutz der Daten in der Tabelle: enthält eine urheberrechtlich geschützte Tabelle z. B. Messwerte, sind die einzelnen Messwerte nicht urheberechtlich geschützt (solange sie nicht in so wesentlichem Umfang übernommen werden, dass aus den Messwerten die Struktur der Datenbank und damit die geistige Leistung hinter dem Datenbankwerk offenbar wird). Enthält eine Tabelle jedoch z. B. Antworten aus einer Interviewstudie, sind die Daten (in diesem Fall textuelle Daten) ebenfalls urheberrechtlich geschützt.

Regelungen der guten wissenschaftlichen Praxis

Die von der DFG formulierten Regelungen der guten wissenschaftlichen Praxis (GWP) sind von öffentlich finanzierten Universitäten und außeruniversitären Forschungseinrichtungen in Deutschland z. B. durch GWP-Satzungen rechtsverbindlich umgesetzt und gelten daher für die meisten der Forschenden in Deutschland. Allerdings können die institutionellen GWP-Satzungen in gewissem, engem Rahmen von den DFG-Regelungen abweichen, so dass es im Einzelfall wichtig ist, immer die jeweils maßgebliche, rechtsverbindliche Satzung als Grundlage von Einzelfall-Beurteilungen heranzuziehen.

Der DFG-Kodex geht besonders in den Leitlinien 10 und 14 auf Fragen der Urheberschaft/Autorschaft von Forschungsdaten, auf Fragen zur Entscheidungsbefugnis über die Veröffentlichung und Modalitäten der Nachnutzung durch Dritte ein.

Die Autorschaft von Forschungsdaten unterliegt laut Leitlinie 14 des Kodex denselben Prinzipien wie die Autorschaft von Textpublikationen, z. B. Artikeln in Fachzeitschriften. Laut den Erläuterungen zur Leitlinie 10 steht die Nutzung von Forschungsdaten „insbesondere der Wissenschaftlerin und dem Wissenschaftler zu, die/der sie erhebt“. Dies dürfte sich nicht auf diejenigen, die die Daten technisch erheben, sondern auf diejenigen, die für die wissenschaftliche Konzeption der Datenerhebung verantwortlich sind, beziehen (Baumann et al. 2021; S 64). Dieser Personenkreis ist auch berechtigt festzulegen, ob Dritten Nutzungsberechtigungen eingeräumt werden, allerdings bleibt offen, ob in Arbeitsgruppen oder bei arbeitsteiligem Vorgehen der Datenerhebung andere Forschende ebenfalls Nutzungsbefugnisse hätten. Auch ist die Möglichkeit der Mitnahme von Daten bei einem Einrichtungswechsel im Kodex nicht konkret festgelegt.

Um mögliche Unsicherheiten in Forschungsalltag zu vermeiden, werden in Leitlinie 10 individuelle, dokumentierte Vereinbarungen über die Nutzungsrechte an Forschungsdaten und Forschungsergebnissen empfohlen. Auf dieses wichtige Instrument wird in Kapitel 1, Abschnitt Dokumentierte Vereinbarungen über die Nutzungsrechte* eingegangen.

Dienstverhältnisse und Statusgruppen

Werden in Dienstverhältnissen urheberrechtlich geschützte Arbeitsergebnisse erzielt, liegt das Urheberrecht nicht beim Dienstherrn, sondern bei der Person, welche die Leistung erbracht hat. Je nach Status der Zugehörigkeit einer Person zu einer Universität kann jedoch sein, dass der Dienstherr ein Nutzungsrecht an dem Arbeitsergebnis (hier: Forschungsdaten) hat, so dass möglicherweise vorhandene Urheberrechte davon überlagert sein können. Die Unterscheidung läuft entlang der Festlegung, ob eine Person frei und eigenverantwortlich forscht oder einer Weisungsbefugnis durch den Dienstherrn unterliegt.

Als frei und eigenverantwortlich forschend werden Hochschullehrerinnen und -lehrer angesehen sowie wahrscheinlich Angestellte, die an einem nicht in ein größeres Forschungsvorhaben eingebundenes Promotions- oder Habilitationsprojekt arbeiten.

Bei anderen wissenschaftlichen Mitarbeitenden an Universitäten ist die Unterscheidung zwischen weisungsfreier und weisungsgebundener Arbeit in der Praxis oft schwierig und kann zu ganz praktischen Problemen führen. Bei weisungsgebundenen Forschenden können sich z. B. Probleme ergeben in Bezug auf das Recht zur Veröffentlichung, da beide Parteien, Forschende*r sowie Arbeitgeber, Rechtsansprüche haben. Eine klare Trennung zwischen weisungsfreier und weisungsgebundener Tätigkeit wird auch bei Promotionsvorhaben schwierig, die auf derselben Datengrundlage durchgeführt werden wie eine Forschungstätigkeit im Rahmen eines Drittmittelprojekts. Im jeweils konkreten Fall muss dann ein Interessenausgleich gesucht werden.

Darüber hinaus besteht auch bei weisungsgebundener Arbeit oft ein Spielraum, um methodisch auf die Forschungsergebnisse Einfluss zu nehmen. Insbesondere in größeren Projekten ist die kreative Mitwirkung der Beschäftigten oft entscheidend für wissenschaftlich fundierte Ergebnisse.

Auch bei nicht-urheberrechtlich geschützten Forschungsdaten können sich Konflikte ergeben, wenn es z. B. zu entscheiden gilt, ob eine Person, welche die Universität verlässt, Anspruch auf Weiternutzung der von ihr erhobenen Forschungsdaten hat. Hier können je nach Einzelfall möglicherweise beide Parteien Rechte zur Datennutzung zustehen.

Eingeschriebene Studierende stehen zwar in der Regel nicht in Dienstverhältnissen mit der Universität, aber sie sind Mitglieder der Hochschule. Insbesondere für fortgeschrittene Studierende kann eine selbständige Methodenwahl und Erkenntnissuche vorausgesetzt werden, so dass die Nutzungsrechte an Forschungsdaten, die im Rahmen von Qualifikationsarbeiten entstehen, durchaus den Studierenden zugeordnet werden können (Baumann 2023, S. 28).

Für Mitarbeitende an außeruniversitären Forschungseinrichtungen (auF) wird im Unterschied dazu eher angenommen, dass von ihnen erzeugte Forschungsdaten, unabhängig von einer möglichweise vorhandenen Urheberrechtsschutzfähigkeit der Daten) sog. „Pflichtwerke“ sind und daher die Nutzungsrechte beim Arbeitgeber liegen.

Um Konflikten, die Aufgrund oft schwer zu beurteilender Rechtslage entstehen können, bereits im Vorfeld vorzubeugen wird als Lösung an dieser Stelle ausdrücklich auf den Kodex zur guten wissenschaftlichen Praxis hingewiesen: „Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler treffen, sofern möglich und zumutbar, zu einem frühestmöglichen Zeitpunkt im Forschungsvorhaben dokumentierte Vereinbarungen über die Nutzungsrechte.“ (Leitlinie 10). Diese dokumentierten Vereinbarungen sollen auf Grundlage eines fairen Interessenausgleichs geschlossen werden.

Rechte von beforschten Menschen bzw. Gruppen: Datenschutz und CARE-Prinzipien

Datenschutz

Datenschutz bezieht sich auf die Rechte von Subjekten der Forschung, also auf den Schutz der Privatsphäre von Menschen, weil ihre personenbezogenen Daten einem besonderen Schutz unterliegen. Wenn in Forschungsvorhaben personenbezogene Daten erhoben oder verarbeitet werden, sind daher die Vorgaben des Datenschutzrechts zu beachten. Die geltenden Regelungen sind in der Datenschutzgrundverordnung der EU (DSGVO) sowie in Bundes- und Landesdatenschutzgesetzen festgelegt.

Grundlegende Elemente des Datenschutzes sind z. B. die Einwilligung der betroffenen Person(en) zur Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten, Regelungen über die Weiterverarbeitung von personenbezogenen Daten sowie die Rechte der Beforschten auf Information, Auskunft, auf Berichtigung unrichtiger Daten und auf Datenlöschung.

Praktische Hinweise zum Vorgehen in Forschungsprojekten liefert z. B. die Handreichung: Handreichung Datenschutz des RatSWD (Rat für Sozial- und Wirtschaftsdaten (RatSWD) 2020).

CARE-Prinzipien

Die derzeitige Bewegung für offene Daten und offene Wissenschaft berücksichtigt nicht in vollem Umfang die Rechte und Interessen der indigenen Völker. Bestehende Grundsätze wie die FAIR Prinzipien sollen in erster Linie den Datenaustausch zwischen Einrichtungen erleichtern, während dabei Machtgefälle und historische Kontexte außer Acht gelassen werden. In diesem Spannungsverhältnis für indigene Gruppen und Völker fordern diese eine größere Kontrolle über die Anwendung und Nutzung indigener Daten und indigenen Wissens zum kollektiven Nutzen ein.

Die CARE-Prinzipien beschreiben, wie Daten behandelt werden sollten, um sicherzustellen, dass die indigene Entscheidungsgewalt über die Daten und ihre Verwendung respektiert wird. Dazu gehört auch das Recht, aus indigenen Daten einen Wert zu schaffen, der in der indigenen Weltanschauung begründet ist und das Recht, die Möglichkeiten der Wissensökonomie zu nutzen. Die CARE-Prinzipien ergänzen die bestehenden FAIR-Prinzipien. CARE steht als Akronym für:

  • Collective Benefit (Kollektiver Nutzen)
  • Authority to Control (Autorität zur Kontrolle)
  • Responsibility (Verantwortung)
  • Ethics (Ethik)

Erläuterungen und Hinweise zur praktischen Anwendung der CARE-Prinzipien in ökologischer und Biodiversitätsforschung: (Carroll et al. 2020; Jennings et al. 2023).

Referenzen:

Baumann, Paul (2023): Rechte an Forschungsdaten. Trier University.

Baumann, Paul; Krahn, Philipp; Lauber-Rönsberg, Anne (2021): Forschungsdatenmanagement und Recht. Datenschutz-, Urheber- und Vertragsrecht. Feldkirch/Düns: Wolfgang Neugebauer Verlag (Arbeitshefte der Arbeitsgemeinschaft für juristisches Bibliotheks- und Dokumentationswesen, Band 28).

Carroll, Stephanie Russo; Garba, Ibrahim; Figueroa-Rodríguez, Oscar L.; Holbrook, Jarita; Lovett, Raymond; Materechera, Simeon et al. (2020): The CARE Principles for Indigenous Data Governance. In: Data Science Journal 19, Artikel 43. DOI: 10.5334/dsj-2020-043.

Deutsche Forschungsgemeinschaft (2022): Guidelines for Safeguarding Good Research Practice. Code of Conduct. DOI: 10.5281/zenodo.6472827.

Jennings, Lydia; Anderson, Talia; Martinez, Andrew; Sterling, Rogena; Chavez, Dominique David; Garba, Ibrahim et al. (2023): Applying the 'CARE Principles for Indigenous Data Governance' to ecology and biodiversity research. In: Nature ecology & evolution 7 (10), S. 1547–1551. DOI: 10.1038/s41559-023-02161-2.

Kuschel, Linda (2018): Wem "gehören" Forschungsdaten? 9, S. 764–766. Online verfügbar unter https://www.forschung-und-lehre.de/forschung/wem-gehoeren-forschungsdaten-1013, last check 10.03.2024.

Rat für Sozial- und Wirtschaftsdaten (RatSWD) (2020): Handreichung Datenschutz, 2. überarbeitete Auflage.

Wünsche, Stephan; Soßna, Volker; Kreitlow, Vanessa; Voigt, Pia (2022): Urheberrechte an Forschungsdaten – Typische Unsicherheiten und wie man sie vermindern könnte. DOI: 10.17192/bfdm.2022.1.8369.